Medienmitteilung


An die Schweizer Medien
Bern, 12.5.2006
"Human"forschung: shame and scandal in the BAG

Medienmitteilung zum Humanforschungsartikel und -gesetz, in der Vernehmlassung vom 1.2. - 31.5.2006
 

Einen Verfassungsartikel zur Forschung an Menschen wie im vorliegenden Entwurf lehnen wir strikte ab. Ein solches Unding in der Verfassung zu haben wäre ein "anti-humaner" nationaler Skandal und eine beispiellose europäische Schande.

Für das BAG, welches für den Entwurf verantwortlich zeichnet, ist Menschenwürde entweder eine leere Floskel, oder der Entwurf ist eine bewusste Provokation. Schon im Verfassungsartikel wird die Menschenwürde so behandelt, als ob sie Gegenstand irgendwelcher Güterabwägungen gegenüber einem "Recht auf Forschung" sein könnte (1). Mit der Zulassung von fremdnütziger und Zwangsforschung an nicht einwilligungsfähigen Menschen unterläuft das Gesetz sogar noch die fragwürdige und enorm forschungsfreundliche Bioethik-Konvention des Europarats! (2)

Sicher: Forschung gilt als Kulturgut. Aber Menschenwürde ist zweifellos die höchste Errungenschaft menschlicher Kultur. Sie ist "digital", es gibt sie oder es gibt sie nicht, sie kann niemals quantifizierbar oder relativierbar sein. Genau dies wird aber im Entwurf getan.

Forschungsfreiheit darf niemals gleich oder sogar stärker gewichtet werden als Menschenwürde. Das wäre eine Kapitulation vor skrupellosen Technokraten und absolut inakzeptabel. Die Forschung ist nicht durch die Menschenwürde gefährdet, sondern die Menschenwürde ist eher von oft prestigegesteuerten Forschungsgelüsten bedroht.

Der Protestrücktritt von Carola Meier-Seethaler aus der Nationalen Ethikkommission NEK ist sehr verständlich. Die Gefahr ist real, dass die Rolle der NEK unter solchen Bedingungen (wie sie das Gesetz schaffen würde) zu einer reinen Feigenblattfunktion für ungehemmte Forschung verkäme.
Im Entwurf wird Menschenwürde zu einer politisch verhandelbaren und vermeintlich gesellschaftsverträglichen Kompromissmasse degradiert.

Die Schweiz hat seit dieser Woche einen Sitz im neuen UNO-Menschenrechtsgremium und soll auch innenpolitisch den Inhalt der Menschenwürde bewahren; der vorgeschlagene Verfassungartikel verhöhnt diese Verantwortung.

Sollte der Verfassungsartikel unverändert oder noch forschungsfreundlicherer Form in die Volksabstimmung gehen (obligatorisches Referendum), ist mit erbittertem Widerstand zu rechnen.
 
 

Unsere Freiheit besteht nicht darin, tun zu können, was wir wollen,
sondern nicht tun zu müssen, was wir nicht wollen.
Jean-Jacques Rousseau




1)
Absatz 1 des vorgeschlagenen Verfassungsartikels 118a lautet:
"Der Bund erlässt Vorschriften über die Forschung am Menschen im Gesundheitsbereich. Er sorgt dabei unter Beachtung der Forschungsfreiheit für den Schutz der Menschenwürde und der Persönlichkeit."

Damit wird Forschungsfreiheit zur Bedingung erhoben, unter welcher die Menschenwürde noch gilt.

Der Erläuterungsbericht beweist, dass es so gemeint ist:
„Der Bund darf somit nur soweit Vorschriften über die Forschung am Menschen im Gesundheitsbereich erlassen, als er dabei die Forschungsfreiheit achtet, d.h. nicht unzulässig einschränkt."


2)
In der Biomedizin-Konvention ist nicht vorgesehen, dass mit urteilsunfähigen (also einwilligungsunfähigen) Menschen geforscht werden darf, wenn diese sich dagegen wehren.


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